Alles läuft schief? Sieht zumindest stark danach aus…
Da sassen wir nun! Irgendwie sprachlos und sehen uns ratlos an. Gerade hatten wir das Telefonat mit dem Anwalt beendet und gehört, dass unser Internship scheinbar illegal gewesen sei und wir aus seiner Sicht keine Chance hätten, hier noch sauber herauszukommen, ausser, das Land schnellstmöglich zu verlassen.
Hatten wir einen Fehler gemacht?
Nein, in das Internship sind wir mit dem Frieden Gottes gegangen. Auch wenn wir viele Anfechtungen im Voraus erlebten, verliess uns dieser Friede nie. Und zurückblickend sehen wir auch einfach schon den Segen aus dieser Zeit, vor allem für uns.
Wir wussten schon vor unserer Ausreise im August 2023, dass wir den Sommer 2024 in den USA verbringen sollten. Damit sind wir gegangen und haben einen Schritt nach dem nächsten gesetzt, häufig mit der Frage, Gott, wie weiter? Noch richtig? Einmal waren wir an dem Punkt, dass wir uns schon Rückflugtickets nach Deutschland angeschaut haben. Am nächsten Tag kam die Zusage für das Internship. Wir haben davon berichtet, dass wir uns mit einem Anwalt in Verbindung gesetzt hatten und mit seinem Rat unsere Anträge für den Sommer gestellt haben. Womit wir nicht rechneten, war die lange Bearbeitungszeit der Anträge. Das Internship war schon fast vorbei und immer noch keine Bewegung in der Richtung. Und hier sitzen wir - drei Wochen vor Schulbeginn und der Anwalt, mit dem wir gerade geredet hatten, (der erste gerade in den Ferien, darum hier ein anderer Anwalt), informiert uns über unsere "unlawful presence". Ha - wie konnte das passieren?
Wir lassen uns nicht stressen, reden mit Gott und mit unseren Mitbewohnern und Pastor John. Bettys Eltern sind schon fast im Flieger, um 2 Wochen mit uns zu verbringen. Jetzt gerade können wir sowieso nichts tun und auf zwei, drei Wochen kommt es auch nicht mehr an. Also warten wir erstmal weiter, bleiben in der Ruhe Gottes und hören, was Er uns sagt. Immer wieder fragen wir nach, ob unser Weg hier aufhört und woanders weitergeht. Doch wir hören nichts. Also bleiben wir bei dem, was Gott uns zuvor gesagt hat: Zwei Jahre Schule in den USA inkl. Sommer. Wir haben einen Termin mit dem Anwalt vom Frühling vereinbart, um eine zweite Meinung zu hören und warten auf seine Rückkehr aus den Ferien. Bis dahin geniessen wir jetzt erstmal die Zeit mit Bettys Eltern.
Doch auch der Ferienstart von Bettys Eltern ist holprig. Der Vermieter der Ferienwohnung, die Bettys Eltern gebucht hatten, lässt uns sitzen. Zwanzig unbeantwortete Anrufe später - unsere Eltern verbringen diese Nacht im Hotel. Am nächsten Morgen setzen wir uns mit dem Kontakt der Buchungsseite in Verbindung und nachdem auch sie den Vermieter nicht mehr erreichen können, sichern sie uns die Erstattung des vollen Betrags zu und übernehmen auch die Hotelkosten.
Über die Charis Facebookseite kommen wir in Kontakt mit einer Frau, die Studenten-Wohnungen über den Sommer als Airbnb vermietet. Sie hat noch eine freie Wohnung und überlässt uns diese für zwei Wochen zu einem sehr großzügigen Preis. Dafür sind wir unglaublich dankbar. Wir haben eine gute Zeit in Woodland Park und Bettys Eltern sehr viel Zeit mit Elijah.
Am Montag früh haben wir eine Videositzung mit dem Anwalt vom Frühling. Er sieht uns nicht in Konflikt mit unserem Status und beurteilt unsere Lage positiv. Seine Empfehlung, schnell wieder zum Studentenstatus zu kommen, würde uns allerdings ca. USD 5'000 kosten. Ganz schön viel Geld... Wir sind uns nicht sicher, dass sein Weg tatsächlich erfolgreich sein wird und suchen erstmal selbst weiter nach einer Lösung. Ein Amt kontaktieren wir fast 10mal über die Chatfunktion und jeder Agent gibt uns eine andere Antwort. Gar nicht so einfach, in diesem ganzen Chaos in der Ruhe zu bleiben. Aber sehr wohl möglich mit Gott. Und ein starkes Zeugnis für das Sprachengebet. Es baut uns immer wieder auf.
Unsere Ansprechpartnerin in der Schule bekommt den Hinweis von ihrem Berater, dass wir einfach über die Grenze nach Kanada oder Mexiko gehen sollen. Wir hatten jedoch im Vorhinein gelesen, dass dies keine gute Idee wäre. Trotzdem machen wir uns auf die Suche nach jemandem, der uns die Sicherheit dieses Weges beurteilen kann. Wieder verschiedene Antworten vom selben Amt. Für über zwei Stunden wartet Betty in der Warteschleife, um mit der Grenzbehörde der USA zu sprechen. Hier bekommen wir eine grundsätzlich positive Antwort - für Betty fehlt jedoch ein Dokument, dass wir nicht rechtzeitig vor Schulstart erhalten würden. Während dem Anruf stoßen wir im Internet auf eine Seite, dass es möglich ist, ein Visum im U.S. Konsulat in Kanada zu beantragen. Es kann grössere Hürden für Nicht-Kanada-Wohnhafte geben, ist aber möglich. Wir gehen damit. Betty füllt alle Papiere aus und kommt bis an den Punkt, an dem sie einen Interview-Termin im System buchen muss. 'System is busy.' Den ganzen Tag kommt sie nicht rein. Am nächsten morgen früh ruft sie die Hotline an und bekommt die Antwort, weil sie nicht in Kanada wohnt, hat sie auch keine Priorität und muss daher warten, bis sich ein Termin öffnet. Hört sich nicht vielversprechend an.
Es gibt eine zweite Nummer. Sie ruft wieder an und dieses Mal scheint der Herr am anderen Ende der Leitung wirklich helfen zu wollen. Er sucht so lange, bis er einen Termin findet und erklärt dann den Prozess, um einen Notfall Termin zu beantragen. Der gefundene Termin ist im August 2026 - lach. Doch wir sagen zu. Nur so besteht die Chance auf einen Notfall Termin. Betty füllt den nächsten Antrag aus und tatsächlich wird der Notfall Termin am nächsten Tag genehmigt. Halleluja - Termin ist am 27.08. um 7.45 Uhr in Calgary, Kanada. Wir buchen Flugtickets und ein Airbnb. Leider müssen wir einen Tag früher abreisen als Bettys Eltern, doch die geniessen den letzten Tag mit einer Wanderung, bevor sie sich auf den Rückweg nach Deutschland machen.
Unsere Reise verläuft gut und früh am Dienstagmorgen machen wir uns auf den Weg. 10 Minuten zu Fuß bis zum Konsulat.
«Dort läuft tatsächlich erstmal alles schief, was nur irgendwie schieflaufen kann. Bis ich zum Interview komme, muss ich an 5 verschiedenen Kontrollen vorbei. Entweder Sicherheitskontrollen wie am Flughafen oder Dokumente, die vorgeprüft werden.
An 4 dieser 5 Stellen komme ich in Schwierigkeiten. Jedem fällt etwas auf, dass falsch ist oder nicht erlaubt... Gerade ich, die alles immer bis zum Ende durchliest und auch das Kleingedruckte liest, habe diverse wichtige Informationen nicht gesehen. Nach der dritten Kontrolle bin ich den Tränen nahe. Aber nein - ich erinnere mich, dass mein Fokus auf Jesus liegt, dass ich hier bin, weil er mich gerufen und die Türen geöffnet hat. Er kann jeden Fehler wieder gut machen. Während ich im Warteraum sitze, baue ich mich auf meinen allerheiligsten Glauben auf und bete im Geist. Und kann so ruhig in den nächsten Schritt gehen. Auch der deckt wieder einen groben Fehler auf, den ich mir absolut nicht erklären kann. Doch der Beamte ist freundlich und korrigiert die falsche Nummer für mich. Das Interview ist kurz und nach wenigen Fragen bestätigt die Beamte mir, dass mein Visum genehmigt wird. Ich frage noch nach, wie schnell ich meinen Reisepass zurückerhalte, da der Unterricht schon Freitag startet. Sie klebt eine Express Notiz auf meinen Pass, kann mir aber nicht garantieren, dass es bis Donnerstag fertig sein wird.
Wir warten erneut. Nichts weiter zu tun, als Gott zu vertrauen und die Zeit zu nutzen, um Calgary zu entdecken.
Donnerstag ca. 17:30 Uhr soll unser Rückflug gehen. Das Wetter ist wieder gut und wir verbringen den Vormittag in der Stadt und in Parks. Immer wieder checke ich meine Emails auf eine Nachricht vom Konsulat, dass mein Pass abholbereit ist. Sollte er nicht rechtzeitig kommen, werden Johann und Elijah den gebuchten Flug nehmen und ich nachfliegen.
Kurz vor 12 Uhr sind wir zurück im Airbnb, damit Elijah noch seinen Mittagsschlaf machen kann. Während ich ihm etwas zu essen gebe, rufe ich im Call Center des Konsulats an um nachzufragen, ob jemand vielleicht eine Statusinfo hat. Ich bin noch in der Warteschleife, als endlich die erwartete E-Mail eintrifft: Ich kann meinen Pass um 15 Uhr im Konsulat abholen. Das reicht noch! Also wird Johann mit Elijah und unseren Sachen den Bus zum Flughafen nehmen und ich mit dem Taxi hinterherkommen. Es klappt! Am Flughafen ist kaum ein Mensch und ich komme durch das Check-in und alle Kontrollen, ohne zu warten. Als ich zur Grenzkontrolle komme, stehen Johann und Elijah gerade an einem Schalter und wir können gemeinsam durchgehen. Wow – so einfach hatten wir es bisher noch nicht."
Die 2 Stunden Flug vergehen «wie im Flug». 😉 Elijah ist ein Sonnenschein und unterhält unsere Mitpassagiere. In Denver gelandet steigen wir aus und machen uns auf den Weg zum Ausgang. Irgendwo müssen wir ja noch durch die Passkontrolle für den Stempel im Reisepass. Doch als wir durch die letzte Tür gehen, stehen wir schon am Ausgang aus dem Flughafengebäude. Wie jetzt? Betty checkt online den Status unserer I-94 (Dokumentation von Ein- und Ausreise aus den USA). Unser Status dort hat sich verändert und unsere erlaubte Aufenthaltsdauer hat sich für ein weiteres Jahr verlängert. Also passt das wahrscheinlich schon so. Doch Bettys Zulassungsklasse ist wieder M2 (quasi Mitreisende vom M1) statt M1 (Student). Na toll – durch die ganze Reise gegangen, nur um wieder beim gleichen Problem angekommen zu sein?! Wir sind uns sicher, dass die Dame bei der Einreise einfach auf das falsche Visum geschaut hat und sich dieses Problem auch lösen wird.
2 Wochen, mehrere Telefonate und E-Mails später ist tatsächlich nun alles korrigiert und so, wie wir es brauchen, um dieses Studienjahr zu absolvieren. Danke, Gott! Ohne Ihn wären wir nicht hier.
*P.s.: Viele internationale Studenten würden die Sommerpause zwischen zwei Schuljahren gerne auch in den USA verbringen. Wie wir nun wissen, ist das auch möglich. Das hier ist aber in keiner Weise legaler Rat. Bitte nicht nachmachen, wenn du nicht einen klaren Ruf von Gott hast und gute Ratgeber an deiner Seite!!
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